Die französische Innenarchitektin Marianne Evennou gilt als Expertin für besonders kleine Wohnungen. Sie kommt aus einer sehr kreativen Familie, und fand selbst zur Innenarchitektur erst mit 50 Jahren. Vermutlich ist die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen gerade deswegen so erfolgreich.

Wie wurden Sie Innenarchitektin?
Marianne Evennou: Mein Weg zur Innenarchitektin war nicht geradlinig. Ich habe „Business Management“ studiert und mich zunächst mit Marktstudien beschäftigt und für die Handelskammer gearbeitet. Mein Mann ist Bildhauer, über ihn wurde viel in Magazinen berichtet. Die Menschen sahen, wie wir lebten und es gefiel ihnen. Irgendwann kam jemand auf uns zu, dem wir bei der Inneneinrichtung seines Teeshops helfen sollten. Das war in Senlis, einer kleinen mittelalterlichen Stadt, außerhalb von Paris. So kam ich an mein erstes Projekt. Das kam sehr gut an und wurde in vielen Magazinen gezeigt.

Eine von Marianne Evennou gestaltete Küche. Foto: Gregory Timsit

Sie scheinen ein Händchen dafür zu haben …
Ich komme aus einer sehr kreativen Familie. Mein Großvater war Maler, meine Mutter hat auch gut gemalt und viel mit Stoffen gemacht. Als meine beiden Söhne aus dem Haus gegangen sind, war ich schon ein bisschen traurig, weil wir eine sehr enge Bindung haben. Ich war damals 50. Das ist ein Alter, in dem es schwierig ist, einen Job zu finden. Auch mein Mann war sehr beschäftigt. Ich hatte das Gefühl, dass man mich nicht wirklich braucht. Wir verkauften unser altes Haus an ein Paar, das mich gefragt hatte, ob ich mich nicht um die Inneneinrichtung kümmern möchte. So bekam ich nach dem Teeshop immer mehr Anfragen. Mittlerweile mache ich den Job seit 15 Jahren.

Sie haben in Ihrer Kindheit mehrere Jahre in Holland gelebt, hat Sie das in irgendeiner Art in Ihrer Arbeit beeinflusst? 
Sicherlich. Ich mag es, wie die Menschen im Norden leben. Es wirkt friedlich, schlicht, nicht so abgehoben. Auch, dass sie viel Holz verwenden, gefällt mir.

Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?
Das ist schwierig zu sagen. Ich mag den Mix und verwende Möbel aus aller Welt, mische Vergangenheit mit Zukunft. Ich bin gerne frei in meiner Kreativität und möchte mich nicht an einem bestimmten Stil festhalten. Ich bin auch nicht der Typ, der nur einer bestimmten Gruppe zugehört, ich bin lieber ein Teil von mehreren Gruppen.

Wer sind Ihre Kunden?
Sie kommen aus der ganzen Welt und altersmäßig ist alles mit dabei. Natürlich braucht man Geld, um ein Apartment zu renovieren, deswegen habe ich nicht nur ausschließlich junge Kunden. Ich habe zum Beispiel die Wohnung von einem jungen Mann und seiner Schwester eingerichtet, deren Eltern waren schon Klienten von mir und sie haben ihren Kindern eine Wohnung gekauft. Kürzlich traf ich mich mit einer 73-jährigen Dame, die eine Wohnung in Paris besitzt. Sie wollte sich nach dem Tod ihres Mannes noch einmal verändern. In gewisser Weise ist meine Arbeit ein Luxus, den man eigentlich nicht braucht (lacht). Das Schöne bei meiner Arbeit ist, dass ich sehr viel Freiheit von meinen Klienten bekomme. Sie gehören nicht zu denjenigen, die mit ihrer Wohnung angeben wollen. Sie haben es gerne komfortabel und möchten eine persönliche Note haben. Ich zwänge ihnen nicht meinen Stil auf, sondern stelle viele Fragen. So werden sie in ihren Entscheidungen sehr sicher. Es kommt auch mal vor, dass Leute zu mir kommen, die schon vorher fünf bis sechs Innenarchitekten abgeklappert haben und wissen wollen, was sie für ihr Geld bekommen. Das erkenne ich schnell, aber das funktioniert nicht bei mir (lacht). Mittlerweile kann ich es mir auch leisten, Anfragen abzulehnen. Dafür bin ich zu lange im Geschäft.

Wie arbeiten Sie, wenn die Projekte im Ausland sind und nicht in Frankreich?
In Frankreich kümmern wir uns um alles. Das heißt, wir machen die Vorplanung, die Skizzierung, die Vermessung der Wohnfläche und kontaktieren unsere Handwerker, mit denen wir in Frankreich arbeiten. Im Ausland kümmern wir uns um die Vermessungen vor Ort und der Kunde kümmert sich um den Rest und kontaktiert die Handwerker seiner Wahl. Das würde logistisch sonst nicht gehen, da ich auch nur zwei Mitarbeiter habe. Aber es funktioniert sehr gut. Natürlich ist es auch ein bisschen schade, wenn man im Ausland den letzten Schliff nicht selbst machen kann.

Foto: Gregory Timsit

An wie vielen Projekten arbeiten Sie gerade?
Gerade haben wir drei Projekte, die in zwei bis drei Monaten abgeschlossen sind. Zeitgleich haben wir weitere drei Projekte, die sich in der Anfangsphase befinden, in der wir die Ideen, wie jedes Zimmer aussehen soll, entwickeln. Dieser Schritt allein dauert ungefähr zwei Monate. Kleine Wohnungen brauchen vier bis fünf Monate. An einer 110-Quadratmeterwohnung, an der wir gerade arbeiten, rechnen wir sogar mit einem Jahr Arbeitszeit. Wir lassen uns Zeit, weil wir sehr genau arbeiten und gute Qualität abliefern wollen.

Was macht Ihnen in Ihrem Arbeitsprozess am meisten Spaß?
Wenn wir anfangen uns zu überlegen, wie die einzelnen Zimmer aussehen sollen. Es ist spannend, wenn unsere Ideen Form annehmen. Es ist ein sehr befriedigendes Gefühl, wenn man am Ende nah an dem ist, was man sich vorgestellt hat.

Haben Sie ein Lieblingszimmer?
Nein. Die Küche und das Bad sind eine Herausforderung. Sie sind sehr technisch und müssen vor allem praktisch sein, schließlich will man diese Räume nicht alle zwei Jahre ändern. Sie müssen intelligent gemacht sein und dürfen nicht zu trendy aussehen.

Die von Ihnen gestalteten Innenräume sind sehr farbenfroh
Das ist etwas, was viele Leute in Erinnerung behalten. Die Journalisten schreiben immer, dass ich auf kleine Räume spezialisiert bin, die oft sehr farbenfroh sind. Aber ich mache auch große Projekte mit weniger Farben. Ich finde den Mix gut. Wenn ich ein Projekt gemacht habe mit vielen Farben, dann darf das nächste gerne etwas ruhiger sein. Ich persönlich mag es schlicht, bei mir zu Hause ist alles Grau und Weiß (lacht).

Hatten Sie einmal den Fall, dass ein Klient in der Mitte des Projekts abgesprungen ist?
Nein. Aber ich hatte einmal den Fall von zwei sehr jungen und sehr wohlhabenden Kunden, vielleicht ein bisschen zu wohlhabend (lacht). Wir kamen einfach nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Sie hatten den Eindruck, ich verstünde nicht, was sie möchten, dabei habe ich sehr aufmerksam zugehört. Es war relativ am Anfang unserer Arbeit und wir sind gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass es besser ist, die Zusammenarbeit zu beenden. Während einer Arbeit wie meiner ist der menschliche Aspekt sehr wichtig. Es gibt während der Renovierung schon genug Stress mit Handwerkern oder Nachbarn, insofern ist eine gute Beziehung zwischen mir und meinen Kunden entscheidend.

Foto: Gregory Timsit

Machen Ihre beiden Söhne auch etwas Kreatives?
Ein Sohn hat ein Tattoo-Studio, um dessen Inneneinrichtung ich mich gekümmert habe, der andere ist Schauspieler. Wir sind alle kreativ, aber jeder in seinem eigenen Fach.

Was wünschen Sie sich noch?
Ich habe ein Einrichtungsbuch geschrieben, das auf Französisch erschienen ist, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Ich würde gerne noch ein Buch schreiben. Ich habe wunderbare Kunden und tolle Vertragspartner. Alles läuft reibungslos, so darf es gerne weitergehen.

Homepage von Marianne Evennou: https://www.marianne-evennou.com/
Credit Aufmacherbild: Gregory Timsit

Interiorstar Marianne Evennou – die Meisterin der unverwechselbaren Räume

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