Sake ist das Nationalgetränk Japans, aber bei der Jugend immer weniger populär. Die Japanerin Kyoko Nagano will das ändern und gründete „Sake Lovers Inc.“. Vor allem Ausländer lieben den aus Reis hergestellten Wein, den man für wenig Geld kaufen kann.

Es ist ein lauer Frühlingstag im März in Tokio, als ich Kyoko Nagano im Stadtteil Shibuya zum Interview treffe. Die Japanerin ist eine von wenigen Frauen, die im Sake-Business mitmischen. Von den rund 1200 Sake-Brauereien in Japan werden gerade mal um die 30 von Frauen geführt. Wie viele traditionelle Handwerke in Japan ist auch das Brauen von Sake immer noch eine Männerdomäne. Viele Jahre war es Frauen sogar verboten als Sake-Braumeisterin zu arbeiten, da sie unter anderem wegen ihrer Periode als schmutzig und unrein galten. Doch diese Zeiten sind zum Glück vorbei.

Sake ist das Nationalgetränk Japans, doch unter der jüngeren Generation immer weniger populär. „Die jungen Japaner lieben die alkoholischen Getränke aus den Convenience Stores wie den Highball“, erzählt Nagano. Immer mehr Sake-Brauereien würden schließen oder müssten Konkurs anmelden. Im Ausland dagegen erfreut sich der aus Reis hergestellte Wein größter Beliebtheit. So setzte im Jahr 2020 der britische Rundfunkdienst BBC die Sake-Braumeisterin Miho Imada aus der Präfektur Hiroshima auf die Liste der 100 einflussreichsten Frauen. Sie sei eine der wenigen weiblichen „Toji“ (Braumeisterin) in Japan, welche die Kunst des Sakebrauens übernehmen und weiterführen würden, hieß es unter anderem in der Begründung.

Foto: Sake Lovers Facebook

Kyoko Nagano hat selbst erlebt, wie beliebt der Sake im Ausland ist. Wegen der Arbeit ihres Vaters und später der ihres Mannes lebte sie 17 Jahre im Ausland, unter anderem in Südkorea, USA, Saudi Arabien und Thailand. In Thailand ist es im Gegensatz zu Japan üblich, dass die Ehefrauen ihre Männer zu den Geschäftsessen begleiten. Wenn Nagano und ihr Mann die Gastgeber waren, führten sie ihre Gäste in japanische Restaurants in Bangkok aus. Zum Essen wurde Sake serviert, oft wollten die Gäste mehr über den Reiswein erfahren. „Ich mag Sake sehr, aber ich musste feststellen, dass ich gar nicht so viel über unser Nationalgetränk wusste“, erzählt Kyoko Nagano. Also fing die Mutter von zwei Kindern an zu recherchieren.

Sake-Set, Foto: Pixabay

2016 kehrte sie aus Thailand wieder zurück nach Japan. Sie belegte einige Sake-Sommelierkurse und ging auf Sake-Tasting-Parties, um noch mehr zu erfahren. Dort traf sie Yuki Imanishi, die schon immer gerne Sake trank und viele Sake-Brauereien in ihrer Freizeit besuchte. Beide hängten ihre alten Jobs an den Nagel, Nagano arbeitete davor im Import/Export-Geschäft. 2018 machten sie sich selbständig und gründeten „Sake Lovers Inc.„, um kleine Sake-Brauereien zu unterstützen. Sie bieten unter anderem Sake-Online-Tastings an. Darüberhinaus können Besucher, die in Japan sind, Sake-Brauereien in Tokio und Saitama besuchen. Die Sake-Flaschen, die man auf der Website kaufen kann, fangen bei unter vier Euro an und gehen bis rund 160 Euro (Sake-Set-Spezial).

Die Sake-Herstellung ist ein aufwendiger Prozess. Foto: Sake Lovers Facebook

Die Sake-Brauerei ist aufwendig. Für die Herstellung wird ein spezieller Sake-Reis verwendet. Sake-Reiskörner sind deutlich größer, in ihrem milchigen Kern ist weniger Eiweiß enthalten. Neben dem Reis ist Wasser genauso wichtig, enthält der Sake immerhin 80 Prozent Wasser. Zunächst muss der Reis poliert werden, um die äußere Schicht vom Korn zu entfernen. Hier sind Fette und Proteine enthalten, die den Geschmack des Sake negativ beeinflussen können. Nach dem Polieren wird der Reis gewaschen, eingeweicht und in großen Behältern gedämpft. Ein Teil des gedämpften Reises wird in einem gesonderten Raum mit einem Pilz bestäubt („Koji“). Der Koji ist deshalb notwendig, weil der Zucker im Reis erst aus der Stärke gewonnen werden muss. Dabei muss stets auf die richtige Luftfeuchtigkeit und Temperatur geachtet werden.

Danach werden der gedämpfte Reis, der Koji-Reis, Wasser und Hefe miteinander vermischt. Erst später beginnt der eigentliche Gärprozess. Im Gegensatz zum Brauen von Bier, wo die Gärung erst beginnt, wenn die Umwandlung von Stärke zu Zucker bereits abgeschlossen ist, laufen beim Brauen von Sake zwei Prozesse gleichzeitig ab: die Umwandlung von Stärke in Zucker und die Umwandlung von Zucker zu Alkohol.

Kyoko Nagano hat es bis heute nicht bereut, ins Sake-Business eingestiegen zu sein. Wenn man so viele Jahre wie sie im Ausland gelebt hat, merkt man erst, wie reich die eigene Kultur ist. Und das Brauen von Sake ist eine besondere Handwerkskunst.

Homepage „Sake Lovers Inc.
Instagram: @sakeloversjapan

Bedrohte Handwerkskunst: Kyoko Nagano unterstützt lokale Sake-Brauereien in Japan

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