Der Großstadt-Thriller „Der grillende Killer“ des taiwanesischen Bestsellerautors Chang Kuo-Li verspricht absolutes Lesevergnügen. Es ist witzig, spannend, menschlich – und Essen spielt, wie so oft in Asien, eine bedeutend große Rolle. Wer da keinen Hunger auf taiwanesisches Essen bekommt …

Ich bin im vergangenen Jahr das erste Mal in Taipeh gewesen. Die rund 2,6 Millionen große Metropole ist modern, hat sich aber auch durch die japanische Kolonialzeit viele Einflüsse von dort bewahrt. Ich war für eine Woche zu Besuch und habe in dieser Zeit wirklich sehr viel gesehen. Umso schöner war es daher für mich, das Buch des taiwanesichen Autors Chang Kuo-Li zu lesen, da es unter anderem in Taipeh spielt. Mit seiner eigenen Vorstellungskraft kann man sich viel ausmalen, es ist aber noch einmal etwas anderes, wenn man sich in der Gegend ein bisschen auskennt.

Foto: Droemer

„Snyper“ lautet der englische Titel des Krimis, auf Deutsch hat man sich für „Der grillende Killer“ entschieden, was insofern auch gut passt, weil der Scharfschütze „Alex Li“ ein besonderes Händchen für gebratenen Reis hat. Er besitzt sogar seinen eigenen Asia-Imbiss in seiner Wahlheimat Italien. Wenn er nicht gerade als Auftragsmörder um die Welt reist, kocht er für die italienischen Einwohner sein Lieblingsgericht.

„Alex Li“ ist einer von zwei Protagonisten des Romans. In Rom hat der junge Scharfschütze gerade erfolgreich einen Job erledigt, indem er das Leben eines taiwanesischen Würdenträgers auslöschte. Doch irgendetwas stimmt nicht, denn ein weiterer Scharfschütze hat es auf ihn abgesehen. „Alex Li“ muss schlagartig die Flucht ergreifen und herausfinden, wer hinter ihm her ist und warum ihm jemand eigentlich den Tod wünscht. Der Gegenspieler von „Alex Li“ ist Kommissar „Wu“. Er hat nur noch wenige Tage bis zur Pensionierung und große Hoffnung darauf gelegt, diese kurze Zeit möglichst entspannt absitzen zu können. Doch ein vermeintlicher Suizid eines Marineoffiziers macht ihm einen Strich durch die Rechnung. „Wu“ selbst glaubt nicht an Suizid, aber das Militär zeigt sich auch nicht wirklich kooperativ. Sein Ermittlergeist ist erwacht und er macht sich mit seinem Chef und Dezernatsleiter „Eierkopf“ auf die Suche nach den Hintergründen.

Den Kommissar beschäftigen zusätzlich noch private Sorgen. Die Gedanken an sein zukünftiges Rentnerleben wecken in ihm Unbehagen. Sein Vater kommt ständig vorbei und bekocht die ganze Familie, sehr zum Leidwesen seines Sohnes und seiner Ehefrau. Wie in so vielen asiatischen Romanen, spielt das Essen eine wichtige Rolle. Während der Ermittlungen in Italien taucht der Chef des Kommissars in die italienische Küche ein. Italienische Pasta scheinen ihm manchmal wichtiger zu sein als die Mordermittlungen. Die Dialoge sind gespitzt mit schwarzem Humor, man erfährt viel über chinesische Schriftzeichen, die Geschichte Taiwans und das Militär.

Der Autor Chang Kuo-Li, ehemaliger Chefredakteur der „China Times Weekly“, hat sich bei seiner Geschichte vom größten Korruptionsfall Taiwans inspirieren lassen. In einem Presseinterview erinnert er sich an diesen Fall: „Als ich Reporter war, habe ich eine der Leichen (es ging um einen Skandal in der Marine, speziell um Fregatten) mit eigenen Augen gesehen. Ich kontaktierte die zuständige Polizeidienststelle, doch man sagte mir, ein Inspektor von der Militärpolizei habe alle Akten an sich genommen. Und der Inspektor, daraufhin zur Rede gestellt, meinte nur: ‚Oh, verflixt! Sie müssen wohl irgendwo verloren gegangen sein.‘ Ich habe diesen Fall als junger Reporter mit Leidenschaft recherchiert und war überzeugt davon, nur noch einen Schritt von der Wahrheit entfernt zu sein. Doch auf einmal legte mir dieser Regierungsbeamte eine Hand auf die Schulter und sagte, er würde abends mit meinem Chef essen gehen. Ob ich nicht dazukommen wolle. Hilflos musste ich mit ansehen, wie die sozusagen noch warme Leiche eines aufrechten Bürgers erkaltete. In dieser Zeit damals konnte jeder mal eben verschwinden. Mehr als Zeuge der Absurdität des ganzen Vorgangs konnte ich nicht sein.“

Ich möchte das Ende des Buches nicht verraten, sonst macht das Lesen doch keinen Spaß mehr. Es gibt viele überraschende Wendungen, Geheimgesellschaften, schräge Charaktere. Übrigens: Ende des Jahres erscheint eine Fortsetzung um den Scharfschützen und den Kommissar.

Kommissar „Wu“ ist wohl doch nicht in Rente gegangen. Hätte auch nicht zu ihm gepasst.

Scharfschützen, Großstadtdschungel und gebratener Reis: der neueste Thriller von Taiwans Star-Autor Chang Kuo-Li

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